«Hast du gehört, unsere Nachbarin hat ein Burn-out, sie fällt sicher für längere Zeit aus.» – «Es ist tatsächlich kein Gerücht, der junge Bauer hat ein Burn-out und das belastet die ganze Familie.» Solche oder ähnliche Sätze hört man gerade auch in der Landwirtschaft vermehrt. Vielfach ist auch eine gewisse Hilflosigkeit in den Worten zu spüren.

Viel mitgelitten

AboWenn alles zu viel wirdRicarda Caderas: «Bei Burn-out nichts sagen ist keine Lösung»Donnerstag, 15. Februar 2024 «Ich sah, wie sich mein Mann veränderte, und reagierte nicht», sagt Sabina aus eigener Erfahrung. Sabina ist nicht ihr richtiger Name, denn sie möchte anonym bleiben. Sie erinnert sich, dass sie in dieser Zeit viel mitgelitten hat und oft nicht wusste, was der nächste Tag bringt. «Es braucht Zeit, um sich um seine Nächsten zu kümmern.» Aber ebenso wichtig sei es, sich bewusst mit sich selber auseinanderzusetzen und sich die nötigen Abgrenzungen und Freiräume zu schaffen.

Für die 41-jährige Bauerntochter ging 16 Jahre zuvor der grosse Lebenswunsch in Erfüllung, als sie den Landwirt heiratete. Drei Mädchen machten in den folgenden Jahren das Glück komplett. «Mit meiner 40-Prozent-Anstellung als Floristin kam ich vom Hof weg unter die Leute. Das war bei meinem Mann auf dem Milchwirtschaft- und Ackerbaubetrieb nicht so», sagt sie. Doch er machte weiter – bis er nicht mehr konnte.

Frühsymptome erkennen

Die Vorboten eines Burn-outs sind soweit bekannt, doch manchmal schwer einzuordnen. Dazu gehören Dünnhäutigkeit und Reizbarkeit. Viele ziehen sich aus dem Familienleben oder sozialen Aktivitäten zurück, verlieren die Freude an Hobbys.

Dazu kommen eine verminderte Leistungsfähigkeit und körperliche und psychische Symptome wie Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden oder Kopfschmerzen, innere Leere oder Anspannung. «Die Schwierigkeit für die betroffenen Menschen ist, dass Erschöpfung in unserer Leistungsgesellschaft als Schwäche gesehen wird», weiss Sabina aus Erfahrung. Häufig versuchen die Leute daher, ihre Symptome zu verstecken. Gestehen sich selber nicht ein, dass sie Hilfe brauchen, weil sie nicht schwach sein wollen.

Ich-Botschaften geben

Für Angehörige oder Freunde ist es oft schwierig, den oder die Betroffene auf die Veränderung anzusprechen – doch das Darüber-reden ist wichtig. Gut geeignet sind sogenannte «Ich-Botschaften». Zum Beispiel: «Ich habe Angst, dass du überlastet bist, dass es dir zu viel wird», anstelle von: «Du bist überlastet und du arbeitest zu viel». Oder auch: «Mir scheint, dass du reizbar, genervt und dünnhäutig bist», und nicht: «Du schreist immer gleich herum, du bist schnell hässig».

Wird im persönlichen Umfeld, in der Familie und auch am Arbeitsplatz, ein sorgfältiges «Miteinander» gepflegt, könnten viele schwierige Situationen rechtzeitig erkannt werden – und das ist für die Betroffenen und die Familien wichtig. Bei Verdacht auf Burn-out können die Hausärztin oder der Hausarzt eine erste Anlaufstelle sein. Ein niederschwelliges Angebot ist das bäuerliche Sorgentelefon. Nur schon das Eingeständnis, dass etwas nicht gut ist, und das Aussprechen des Problems ist meist eine grosse Entlastung.

Sabinas Mann geht es heute wieder besser. «Ich bin dankbar, dass ich kurz vor einer Katastrophe und mit der Hilfe guter Menschen meinen Partner aus seinem Burn-out begleiten konnte», sagt sie im Rückblick.

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